Donnerstag, 19. März 2020

überstürztes Saisonende



Die zwei Tagesetappen zu unserem Landliegeplatz in St.Marys Boatyard im Bundesstaat Georgia bilden einen schönen Saisonabschluss. Der Intracoastal Waterway mit seinen geschützten Ankerplätzen zeigt sich noch einmal von seiner schönsten Seite. Wir motoren durch Naturschutzgebiete und an schönen Häusern mit Bootssteg vorbei. Immer wieder begleiten uns Delphine. Bei Hochwasser tasten wir uns über die Flachstellen in den sich windenden St. Marys River. Der Travellift steht schon bereit und hebt unsere Murada an Land. In St. Marys Boatyard wollen wir uns Zeit lassen.


Aber dann kommt alles ganz anders. Täglich überschlagen sich die Nachrichten über die Ausbreitung des Corona Virus. Die Grenzen werden immer enger gesteckt. Wir stehen vor der Entscheidung schnell zu handeln, wenn wir nach Deutschland wollen oder über unbestimmte Zeit in Amerika festzusitzen. Wir geben Gas. Die to do Liste wird abgearbeitet. Unwichtiges wird weg gelassen. Wir machen unser Schiff winterfest. Und dann buchen einen neuen, früheren Abflugtermin.

Angespannt fahren wir zum nahen Flughafen Jacksonville. Der Inlandflughafen ist fast menschenleer. In der Eingangshalle spielt ein Musiker Saxophon. Er schafft es, uns ein Lächeln ins Gesicht zu zaubern. Wir genießen die Leichtigkeit seiner Musik. Unser Zubringerflug von Jacksonville nach New York ist dann nur zu einem Drittel besetzt. Der Trans-Atlantik Flug nach München ist dagegen ausgebucht. Viele junge Menschen sind unter den Fluggästen. Alfons sitzt neben einem jungen Mann, der ein halbes Jahr in New York gearbeitet hat, ich neben einer jungen Schwedin, die in Amerika studiert. Sie alle nutzen eine der letzten Möglichkeiten nach Hause zu kommen. Keiner weiß, wie lange der Flugverkehr noch aufrecht erhalten wird. Wir sind glücklich, freuen uns auf unser Zuhause in Cuxhaven. Heimat wird greifbar und kostbar.

Freitag, 6. März 2020

Schiffschaukel gratis


Das alte Fahrgeschäft "Schiffschaukel" mochte ich früher gerne. Mit dem richtigen Schwung und Körpereinsatz setzte sich die Schaukel allmählich in Bewegung. Das Ziel war, hoch hinaus zu kommen und den Schwung möglichst lange aufrecht zu erhalten. Bei unserem letzten Nachttörn in dieser Segelsaison ist das anders. Passiv sind wir dem Geschaukel von achterlichem Wind und querlaufender Welle ausgesetzt und anders als beim Fahrgeschäft sehnen wir das Ende herbei. Nach 30 Stunden sind wir 209 Seemeilen weiter und glücklich an einer Boje fest.

Wie so oft in dieser Saison haben wir das kurze Wetterfenster zwischen zwei Starkwindfronten genutzt. Wir segeln an der US Ostküste von West Palm Beach nach St. Augustine. Kurz vor der Einfahrt nach St. Augustine erwischt uns dann auch noch der früher einsetzende Starkwind. Bei um die 44 Knoten Wind (ca. 8 Windstärken) kämpfen wir uns in das Inlet. Unsere Berechnungen stimmen, die Tide läuft mit uns. Trotzdem kommt viel Wasser über. Pudelnass aber erleichtert erreichen wir St. Augustine. Es ist fast wie nach Hause kommen. Hier hatten wir schon öfter Station gemacht. Am Abend spielen in fast jeder Kneipe Musikgruppen. Wir lassen uns treiben, hören hier und da mal rein. Der schaukelige Törn ist trotzdem nicht vergessen. Das letzte Wegstück werden wir binnen fahren. In St. Mary's Boatyard/Georgia wollen wir das Schiff für einen längeren Aufenthalt in der Heimat an Land stellen.

Freitag, 14. Februar 2020

Glückliche Familienzeit





Unser 3-jähriger Enkel mit seinen Eltern besucht uns auf den Bahamas. Noch blass und müde entsteigt er dem Flieger in Nassau. Der erste Abend gilt dem Erkunden des Schiffes. Die Kuscheltiere Hasi und Otter erobern die kleine Schafkoje mit Leesegel gleich neben Mama und Papas Bett.

Am nächsten Morgen starten wir zeitig. Unser Ziel sind die Exumas. Diese vielen kleinen, größtenteils unberührten Inseln im Atlantik erfüllen das Klischee der Karibik. Umgeben von weißen Sandstränden strahlt das Wasser türkisfarben. Jede Sandwelle, jeder Grashalm, jeder Korallenkopf ist im glasklaren Wasser zu erkennen. Unserem jüngsten Segler wird es nicht langweilig ins Wasser zu schauen. Wir entdecken Schildkröten, Ammenhaie und bunte Fische.

Kurze Segelstrecken in der Windabdeckung der Inseln machen den Törn zum idealen Familientörn. So begegnen wir auf Allans Cay großen Echsen, fahren auf Shroud Cay mit dem Beiboot durch die Mangroven, erklimmen in Warderick Wels den Bo Bo Hill, füttern in Staniel Cay die schwimmenden Schweine und kaufen das beste Kokosbrot der Bahamas bei einer älteren Dame in Black Point.

Die Sonne bestimmt unseren Tagesrhythmus. Beim Aufwachen gilt der erste Blick der aufgehenden Sonne. Auf den kurzen Segelstrecken von einer zur nächsten Insel beobachtet unser Jüngster interessiert die Manöver und lässt sich dann am Liebsten vom Schaukeln des Schiffes in den Schlaf wiegen.

So vergehen herrliche Tage mit Segeln, Baden, Insel erkunden, Spielen und Vorlesen. An jedem Sandstrand hinterlassen wir eine Sandburg. Aus unserer Wasserratte ist ein kleiner Segler geworden. Viel zu schnell vergehen die Tage. Wir sind dankbar für diese glückliche Familienzeit und freuen uns auf das Wiedersehen in Deutschland.

Mittwoch, 15. Januar 2020

Trouble in paradise




Zunächst segeln wir zu den paradiesischen Inseln der Exumas. Wir fahren über die Yellow Bank. Das ist ein Wegstück, auf dem einige große Korallenköpfe liegen. Bei guter Sicht und Hochwasser manövrieren wir durch die kritischen Stellen und erreichen in einer angenehmen Tagesfahrt Highbourne Cay. Gleich am nächsten Tag ziehen uns die Segel nach Staniel Cay. Feinstes Segeln in der Abdeckung der Inseln durch türkisfarbenes Wasser. Die schwimmenden Schweine sind noch da. Frischlinge sind dazu gekommen.

Der nächste Stopp bei Galliot Cay wird spannend. Bei Hochwasser haben wir genügend Wasser unter dem Kiel, um sicher über die flachen Stellen in der Einfahrt zu kommen. Im Windschatten der Insel fällt der Anker. Am nächsten Morgen geht es durch den Galliot Cut, eine schmale Durchfahrt zwischen den Inseln, auf den Atlantik.

Am Nachmittag erreichen wir den Ankerplatz bei Georgetown auf Great Exuma Island. Da passiert es. Eine kleine Unachtsamkeit, ein falscher Griff. Meine Finger geraten in die Ankerwinsch. Es wird schnell klar, das muss genäht werden. Beim Blick ins Internet finden wir die Klinik in Georgetown. Der Arzt lehnt die Behandlung ab. Er hat hier kein Röntgengerät. Ich muss ins Hospital nach Nassau. Und es soll schnell gehen. Das Klinikpersonal fährt uns zum Flughafen. Wir buchen für mich den letzten Flug des Tages mit offenem Rückflugdatum. Schneller, als ich es begreifen kann, sitze ich mit kurzer Hose, T-Shirt und sandigen Füßen im Flieger nach Nassau.

Es soll eine lange Nacht für mich werden. Die Notaufnahme des Publik Hospitals ist überfüllt, das Gebäude in einem erbärmlichen Zustand. Überall stehen Eimer im Weg, es tropft aus der fehlenden Deckenverkleidung. Die hygienischen Bedingungen sind katastrophal. Ich schnappe mir eine herumliegende Decke, mir wird allmählich kalt. Das Röntgen ist schnell erledigt, 2 facher Bruch im Ringfinger, dazu üble Quetschungen. Um 1 Uhr in der Frühe findet der einzige Arzt, ein junger Mann mit Dreadlocks, die Zeit, mich zu behandeln. Vom Holen des OP Materials bis zum Schreiben des Berichtes ist er ganz alleine zuständig. Ich werde ruhiger, als ich sehe, wie professionell der junge Mann vorgeht. Nach einer 3/4 Stunde bin ich versorgt. Mit dem ersten Flug des neuen Tages fliege ich zurück nach Georgetown.


Solch eine Art von Trouble braucht wohl keiner. Und das im Paradies, bei angenehmen 25-28 Grad, Sonne und einem türkisfarbenen Strand vor der Haustür. Die nahe Strandbar wird zum Trostpflaster.