Montag, 28. Juni 2021

Horta auf der Insel Faial - Azoren

  
Horta und "Peter Cafe Sport"; das wird für uns immer miteinander verbunden bleiben. Ein junger, Mann mit Pudelmütze, der uns in seinem Dinghi nach unserer Ankunft auf dem Ankerplatz vor Horta begrüßt. In den 4 Tagen, die wir auf das negative PCR Testergebnis warten müssen, versorgt er uns mit leckeren Menüs und einem strahlenden Lächeln. Wie sich später herausstellt heißt er Alfons und ist der Neffe des Inhabers.
 
Unser erster Landgang ist dann natürlich auch besagtes "Peter Cafe Sport". Die Vereinsfahne unseres Segelvereins in Cuxhaven findet einen Platz zwischen all den anderen Wimpeln und Flaggen, die von Seglern aus aller Welt mitgebracht wurden. Mit dem angesagten Gin Tonic stoßen wir auf Horta an, auf den Vorposten Europas, und dass wir es bis hierher geschafft haben.
 
Die Entscheidung, ob wir mit dem Schiff ein Jahr auf den Azoren bleiben fällt dann ganz schnell zugunsten der Familie. Wir werden im nächsten Sommer zu Hause gebraucht. In den Tagen bis zum nächsten Wetterfenster bummeln wir durch die Altstadt Hortas, kehren ein in kleinen Cafes und Restaurants. Das Wetter ist sonnig und warm. Wir können immer draußen sitzen. Wir wandern am Rand der Caldeira, eines erloschenen Vulkans mit Blick in den 450 Meter tiefen Krater und der Aussicht auf die Nachbarinseln Pico und Sao Jorge. Üppig blühende Hortensien säumen die Wege und Strassenränder.
 
Wir liegen im Yachthafen Hortas, dem Herzstück des Ortes und Treffpunkt der Weltumsegler, die auf ihrer Reise zwischen Europa und Amerika hier Station machen. Die Kaimauer ist eine riesige Gemäldegalerie. Es ist eine schöne Tradition, dass sich die Segler aus aller Welt mit dem Namen des Schiffs, der Crew und der Jahresangabe hier verewigen. Die Bilder sollen den Seefahrern Glück bringen für weitere Fahrten. Und "auch wir sollen eine Erinnerung hinterlassen", so der Auftrag unseres segelbegeisterten Sohnes.
 
Nach getaner Malerei sitzen wir entspannt an Bord. Die untergehende Sonne taucht die bemalte Hafenmauer mit dem dahinter liegenden Berg Pico in warmes Licht. Der Vulkan Pico ist mit 2351 Metern der höchste Berg Portugals und gehört zur gleichnamigen Nachbarinsel. Mit einer guten Flasche des dort gewachsenen Rebensaftes nehmen wir Abschied von den Azoren. 
 

 

Sonntag, 20. Juni 2021

Zu den Azoren

 
Von den Bermudas zu den Azoren liegt mit 1835 Seemeilen die längste Segelstrecke vor unserem Bug. Der Wetterbericht sagt für die nächste Woche eine stabile Hochdruckwetterlage voraus.
 
Die erste Segelwoche verläuft dann auch wie angekündigt. Mit leichtem achterlichem Wind und wenig Seegang schaukeln wir gemächlich gen Osten. Die Etmale des Tages fallen mit 100 Seemeilen bescheiden aus. Am Anfang der Reise wollen wir den Motor nur sparsam einsetzen, um unsere Dieselvorräte von 300 Liter Tankfüllung und 80 Liter in Zusatzkanistern für einen eventuellen späteren Einsatz zu schonen. Trotzdem motoren wir in den windstillen Nächten die ein und andere Stunde. Am Tage nutzen wir jeden Windhauch und setzen lange Strecken die bunten Segel Blister und Spinnaker. Nach den Erfahrungen unserer Überfahrt zu den Bermudas kommen wir schnell wieder in den bewährten Wachrhythmus von 3 Stunden in der Nacht.
 
Ein Schreck in der Morgenstunde ereilt uns am fünften Tag in Alfons Wache. Die Selbststeueranlage fällt aus. Nun ist der Ausfall des Autopiloten noch kein Unglück, stellt aber für eine schwache Zweiercrew eine erhebliche Belastung dar. Alles von Hand zu steuern bedeutet, sich im zweistündigen Wechsel Tag und Nacht abzulösen. Bei allen Arbeiten wie Segel wechseln, kochen, abwaschen, funken und Wetter einholen sind beide gefordert. Bei eventuell schwerem Wetter keine schöne Vorstellung. Entsprechend angespannt empfinden wir die Situation. Ich übernehme das Ruder. Alfons verschwindet im Schiff. Für mich vergehen 6 bange Stunden des Steuerns und Wartens. Nach Fehlerdiagnose und Austauschen von Leistungstransistoren des Steuercomputers mit zahlreichen Versuchen hat es Alfons geschafft. Die Selbststeueranlage funktioniert wieder. Mir fällt ein Stein vom Herzen. Unser besonderes Augenmerk gilt fortan unserem sprachlosen Helfer an Bord.
 
Nach der ersten Woche mit leichtem Westwind segeln wir einige Tage am Rand zweier Tiefdruckgebiete. Mit dem auffrischenden Wind können wir dem Tiefdruckkern nach Osten davon laufen. Ein zwei bis drei Meter hoher Seegang von achtern bringt unser Schiff dabei tüchtig zum Geigen. Aber dafür segeln wir gute Etmale von 145 Seemeilen. In den folgenden Tagen begleiten uns dunkle Wolkenformationen mit gutem Segelwind aus größtenteils westlichen Richtungen. Nur in einer Nacht bläst uns der Wind mit 35 Knoten Geschwindigkeit entgegen und wir laufen hoch am Wind mit gerefften Segeln gen Norden. Dann haben wir das Hochdruckgebiet der Azoren erreicht. In den letzen Tagen gönnen wir uns die Unterstützung durch den Motor. Mit fast leer gefahrenem Tank erreichen wir Horta auf der Insel Faial.
 
Für die 1835 Seemeilen waren wir 14 Tage, 23 Stunden auf See. Unsere Durchschnittgeschwindigkeit lag bei 5,1 Knoten. Insgesamt liefen wir 100 Stunden unter Motor. Bis auf die Selbststeueranlage und die gerissene Ausholleine des Großsegels hatten wir keine Reparaturen oder Ausfälle an Bord. Wettertechnisch wurden wir von Intermar begleitet. Intermar ist eine Vereinigung von segelnden Funkamateuren. Täglich hatten wir Kontakt mit Uwe, der uns sein geballtes Wissen über Zugbahn und Stärke der Tiefdruckgebiete in unserer Nähe übermittelte. Ausführlich und sehr genau wusste er das Wettergeschehen um uns einzuordnen. Wir fühlten uns bestens und kompetent beraten.
 
Auf der gesamten Strecke sahen wir nur einige wenige Frachter und einen weiteren Segler. Erfreut haben uns Delphine und Seevögel, die uns ab und zu besuchten. Im Meer schwammen portugiesische Galeeren, eine Quallenart, die u.a. auf den Temperaturanstieg der Meere zurück zu führen ist. In den Nächten leuchtete das Plankton um unser Schiff. Wir fuhren wie durch einen Schaumteppich aus funkelnden Sternchen.

Freitag, 4. Juni 2021

Die Bermudas

 

 
Von Fernandina Beach bis Saint George's liegen 950 Seemeilen in unserem Kielwasser. Die Bermudas sind die letzten karibischen Inseln auf unserem Weg nach Europa. Bestehend aus einer Vielzahl von Koralleninseln sind deren größte Inseln durch Brücken miteinander verbunden.
 
Unser Ziel ist Saint George's im Nordosten der Bermuda-Inselgruppe. Wie gewünscht melden wir uns schon 30 Seemeilen vor der Einfahrt über Funk. Durch die umfangreiche Onlineanmeldung werden wir erwartet und freundlich willkommen geheißen. Die schmale Riffdurchfahrt nach Saint George's fordert dann noch einmal unsere ganze Aufmerksamkeit. Inzwischen ist es dunkel geworden und auch der Mond, der uns bisher die Nächte erhellt hatte, ist noch nicht aufgegangen. Die Backbordtonnen sind unbeleuchtet. Wir tasten uns langsam ins Innere der Bucht.
 
Dass die Bermudas wegen ihrer zahlreichen Riffe bei den ersten Entdeckern gefürchtet waren und hier zahlreiche Schiffe auf Grund liefen, erklärt sich uns sofort. Das Ausschlachten von Schiffswracks gepaart mit Geschäftssinn und Wendigkeit ihrer Bewohner legte dann auch den Grundstein für den Reichtum der Inseln. Die schmale Riffdurchfahrt mit der dahinterliegenden großen Bucht machte Saint George's zum attraktiven Anker und Handelsplatz.
 
Für uns folgt nach dem Einklarieren das Warten auf den PCR Test. Erst mit dem negativen Testergebnis dürfen wir an Land und die Inseln erkunden. Wir nutzen die öffentlichen Verkehrsmittel in Form von Bus und Katamaranfähre. Wie von der Karibik gewohnt, strahlt der Himmel blau, die Sandstrände leuchten weiß, die Pflanzenwelt ist subtropisch üppig, die Hügel saftig grün. Die in Pastellfarben gestrichenen Häuser mit ihren weiß gekalkten Giebeldächern bieten wunderschöne Anblicke. Um jede Wegbiegung eröffnen sich kleine Buchten mit türkisfarbenem Wasser und ankernden kleinen bis größeren Motorbooten. Im geschäftigen Hamilton, der heutigen Hauptstadt, staunen wir über das Tragen der legendären Bermuda Shorts gepaart mit Kniestrümpfen. Am Nordwestlichen Ende der Inselgruppe, am sonst so belebten Dockyard Areal mit seiner Festung und Shopping Komplex liegen keine Kreuzfahrtschiffe. Es scheint, als läge die Anlage im Dornröschenschlaf.
 
Zurück in Saint George's genießen wir die Ruhe und Beschaulichkeit der alten Hauptstadt, die seit 2000 zum UNESCO Kulturerbe gehört. Vorbei an der Unfinished Church und zwischen Golfplätzen und Forts hindurch laufen wir über eine kleine Anhöhe zur Atlantikseite. In der dortigen Tobacco Bay, heute eine geschützte Badebucht mit Strandbar, wurde Geschichte geschrieben. Im August 1775 entwendeten die Einwohner Bermudas Schießpulver aus den Vorratskammern des englischen Forts in Saint George's und rollten die Fässer quer über die Insel zur Tobacco Bay. Dort wartete ein amerikanisches Schiff auf die Ladung. Eigentlich dazu gedacht, die Inseln zu schützen, wurde das Schießpulver nun im amerikanischen Unabhängigkeitskrieg verwendet.
 
In der Strandbar besagter Tobacco Bay stellen wir uns die Geschichte vor. Der einheimische Rumpunch beflügelt unsere Phantasie. Allzu gerne wären wir auf den Bermudas noch länger geblieben. Aber das Wetter bestimmt den Zeitpunkt des Aufbruchs und der scheint günstig zu sein.